Starting A Revolution: Was wir von Unternehmerinnen über die Zukunft der Arbeitswelt lernen können.

Wenn man mit vielen Idealen ans Business herangeht, bekommt man schnell das Gefühl, naiv zu sein. Man bekommt sehr schnell das Gefühl, dass man ein realitätsferner Weltverbesserer ist, wenn man sich in der herkömmlichen, klassischen von Männern und Kapitalismus dominierten Wirtschaftswelt aufhält. Auch viele Business-Bücher von Frauen, die Hoffnung auf Besserung geben sollen, sind oftmals nur Bücher, in denen Frauen gezeigt wird wie sie erfolgreich werden, nämlich: Wenn sie es schaffen sich einer Männerwelt anzupassen.

Und selbst wenn vielen Frauen gelungen ist, erfolgreich zu werden, indem sie sich dem System angepasst haben, wird schnell klar, nicht die Frauen sollten sich ändern, sondern das System.

Und genau dieses Gefühl hatten auch die zwei Autorinnen des Buches „Starting A Revolution. Was wir von Unternehmerinnen über die neue Arbeitswelt lernen können“, Lisa Jaspers und Naomi Ryland. Die beiden wollten sich beruflich und persönlich weiterentwickeln und haben nach neuen Ideen und Inputs gesucht, sind dabei aber nur auf die klassischen Management-Bücher gestoßen. Doch Lisa und Naomi wollten mehr als das, sie wollen neben Wachstum und Skalierung vor allem einen Systemwandel. Als sie dazu aber keine Bücher fanden, beschlossen sie, selbst auf die Suche zu gehen.


Gemeinsam mit sieben anderen Frauen, die sie für das Buch interviewt haben, dachten Naomi Ryland und Lisa Jaspers also Businessbereiche wie Führung, Personal, Wachstum und Organisationsentwicklung neu und zeigen nun in “Starting a Revolution” viele praktische Beispiele, wie ein alternatives System, abseits von kapitalistischer Gier, ego-getriebenen Macho-Spielchen und Wachstum um jeden Preis, aussehen kann. Eine Revolution der Wirtschaftswelt. I love it!

Und obwohl das Buch hauptsächlich von Management, Leadership und Personalführung spricht, können ganz viele Konzepte und Beispiele schon beim Unternehmensaufbau angewendet werden. Denn eine Unternehmenskultur fängt bei den Gründer*innen an. Und eine der wichtigsten Messages des Buches ist: You must lead yourself before you lead others. Du musst dich erstmal selbst führen können, bevor du andere führen kannst.

Schon beim Unternehmensaufbau ist man oft unglaublich starkem Druck ausgesetzt. Viel zu leicht kann das Gefühl entstehen, die stärkste und klügste Person im Raum sein zu müssen, obwohl einem selbst klar ist, dass dem überhaupt nicht so ist. Das führt zu einer Fake it 'til you make it-Mentalität, durch die man sich immer mehr von sich selbst und seinem Purpose distanziert. Wenn man aber selbstreflektiert ist und lernt, sich selbst zu führen, bevor man andere führt, dann kann man aus diesem Druck aussteigen. Und genau das zeigen die sieben Revoluzerinnen, die für das Buch interviewed wurden.

 

Hier gibt es das Interview mit den Autorinnen von "Starting a Revolution":

Zu den sieben Frauen gehört zum Beispiel Dame Stephanie Shirley, die in den 60er-Jahren eine der größten Software-Firmen der Welt aufgebaut hat, und das ohne der Härte und Kompromisslosigkeit der heutigen Tech-Start-up Welt. Urspünglich hatte sie nur weibliche Mitarbeiterinnen, die remote von zuhause arbeiten konnten und hat ein Unternehmen aufgebaut, das eine Bewertung von über einer Milliarde US-Dollar hat.

Vivienne Ming, ebenfalls eine der sieben Frauen, ist theoretische Neurowissenschaftlerin im Silicon Valley. Sie hat wahrscheinlich schon mehr Jobangebote von Silicon Valley-Riesen abgelehnt als andere in ihrem ganzen Leben überhaupt bekommen, aber ihr Weg dorthin war alles andere als geradlinig. Ihr Bachelorstudium brach sie ab, sie wurde obdachlos, lebte in ihrem Auto und war kurz davor, sich das Leben zu nehmen. Doch sie fand ihren Weg zurück zur Universität und wurde Pionierin im AI-Bereich. Kurz nachdem sie ihre Frau heiratete, vollzog sie sich einer Geschlechtsumwandlung, und weiß daher auch wie es ist, als Mann und als Frau ein Unternehmen zu gründen und zu führen.

Catherine Mahugu, hat neben ihrer Tätigkeit als Softwareentwicklerin in Kenya ein Unternehmen gegründet, mit dem sie Frauen ermöglicht, ihr Kunsthandwerke an internationale Brands wie Nordstrom oder Esprit zu verkaufen.

Joana Breidenach, ist eine Serien-Unternehmerin. Sie hat das Konzept des Selbst-Managements in ihrer Firma erfolgreich etabliert, es gibt also keinen CEO mehr, sondern ein ganzes Team, das diese Rolle verkörpert.

Ida Tin, Mitgründerin der App Clue. Clue ist eine App, die den Menstruationszyklus trackt und den Begriff „Femtech“ maßgeblich geprägt hat. Ida Tin gilt als Pionierin im Bereich der Gesundheit von Frauen.

Jennifer Brandel ist ebenfalls Gründerin und Geschäftsführerin. Sie hat mit dem Zebra-Movement die amerikanische Start-up-Szene auf den Kopf gestellt und aufgedeckt, wie verrückt der ganze Start-up-Wahn eigentlich ist. Außerdem ist sie eine der ersten, die beschrieben hat, wie eine Gegenbewegung aussehen kann, die eine unglaubliche Veränderung für die Wirtschaftswelt bedeutet.

Last but not least: Anna Yona. Sie hat mit ihrem Mann ein wundervolles profitables Schuh-Label namens Wildling gegründet. Heute hat das Unternehmen über 100 Mitarbeiter, die remote arbeiten. Und: Wildling hat nicht einen Cent von Venture Capitalists angenommen, sondern alles selbst oder über Crowdfunding finanziert.

Das Buch porträtiert und arbeitet mit sieben unglaublich tollen und auch von Grund auf verschiedenen Frauen, deren Geschichte zeigen: Es geht auch anders. Du musst nicht in der männerdominierten Gier-Welt erfolgreich sein, du kannst das auch mit Idealen und Ethiken, die sich dem entgegenstellen – und machst damit auch noch einen Unterschied auf dieser Welt.

Ich will dem Buch nicht zu viel vorweg nehmen, weil wirklich jeder dieses Buch lesen sollte, der darüber nachdenkt, ein Unternehmen zu gründen oder einmal eine Führungsrolle übernehmen willst. Daher möchte ich mit dir nur ein paar Key-Takeaways aus dem Buch teilen:

Ego-driven vs. Purpose-driven

Die gesamte Start-up- und Business-Welt ist darauf ausgelegt, dass du in kürzester Zeit alle von dir begeistern musst. Es geht nur um's Überzeugen, egal ob beim Pitch, beim Networking oder beim Meeting. Und immer gilt: Der Stärkere, der besser verkaufen kann, gewinnt. Aber die sieben Unternehmerinnen aus Starting a Revolution stellen etwas anderes vor ihr eigenes Ego: ihren Purpose. Vivienne Ming erzählte den Autorinnen, dass beim Thema Produktivität nicht Konkurrenzkampf, sondern ehrliches Teamwork auf Augenhöhe den Unterschied macht: „The ones who truly learn to put the goal ahead of themselves, they are the ones that drive productivity.”

Egogetriebenes Verhalten kommt oft aus einer inneren Unsicherheit und hat meistens nur eine toxische Unternehmens- und Führungskultur zur Folge. Selfawareness und Purpose sind größer als das eigene Ego und müssen unbedingt gefördert werden. Dazu ist es wichtig, sich immer wieder selbst zu reflektieren und das eigene Verhalten, die eigenen Gefühle und Gedanken zu hinterfragen.


Embracing Vulnerabilities

In der klassischen Businesswelt sind Emotionen nicht gerne gesehen. Professionelle Distanz und das Verbergen der eigenen Gefühlslage sind erwünscht. Runterschlucken und weitermachen. Die Emotionalität soll also so weit wie möglich von Entscheidungen für's Unternehmen entfernt sein. Aber ist es nicht gerade die Emotionalität, die uns im Business so antreibt? Gefühle und Unsicherheiten zuzulassen ist für ein gesundes Business unfassbar wichtig. Um eine Intuition zu entwickeln, muss man sich selbst, seine Gefühle und seine Werte sehr gut kennen, sie einschätzen und auch ausleben können. Und gerade diese Intuition ist das, was am Ende den Unterschied ausmacht.

Ist es nicht gerade die Emotionalität, die uns im Business so antreibt?

Ida Tin, die Gründerin von Clue, versucht in ihrem Unternehmen aktiv Platz für Emotionen zu bereiten und sieht das auch als ein Erfolgsmerkmal ihrer Firma! Einen Ort zu schaffen, an dem Mitarbeiter und Gründerteam offen über Ängste, Zweifel und schwierige Entscheidungen treffen können, macht die wahre Stärke eines Teams aus.

Strenght-based Management

Weg mit der Hierarchie - heißt es beim Strength-based Management. Die Stärken stehen im Vordergrund und bedeutet, dass auch mal der Praktikant*in den Lead für ein Projekt übernehmen kann, wenn er oder sie auf dem Gebiet mehr Erfahrung und Wissen hat als du als Gründer*in! Und selbst wenn du noch kein Team hast, lohnt es sich, Strength-based Management von Anfang an zu integrieren. Fähigkeiten zu erkennen und zu stärken fängt bei dir an, genau wie die Erkenntnis, wo du selbst Unterstützung brauchst. Selbstbewusst an die Gründung oder ans Leading heranzugehen ist auf jeden Fall wichtig, aber um das tun zu können, musst du deine Stärken und Schwächen kennen.

Perfektionismus ist eindeutig der Feind des Strength-based Management. Im Business muss man Imperfektionismus aber nicht nur akzeptieren, sondern sogar fördern – sonst kann kein Wachstum entstehen.

 

Wachstum

Das Thema Wachstum kommt immer wieder im Business Basics-Podcast vor, vor allem mit dem Takeaway, dass wir Wachstum unbedingt hinterfragen sollten, bevor wir entscheiden danach zu streben.

Jennifer Brandel, hat gesagt: „One of the issues we have with the current funding model is that it mistakes slow, steady growth for a lack of enthusiasm or ambition. Growth only makes sense if it serves you, your mission, and your team. Growth for growth sake is boring, unimaginative and driven by ego. It is also destroying the planet and dividing societies.”

Praktisch übersetzt heißt das, dass das aktuelle Problem des jetzigen Start-up-Finanzierungsmodells ist, dass es langsamen, aber konstanten Wachstum als fehlenden Enthusiasmus betrachtet und dabei ganz außer Acht lässt, dass Wachstum nur Sinn macht, wenn es dir als Gründer*in, deiner Mission und deinem Team dient. Wachstum nur wegen des Wachstumswillen ist Schwachsinn und egogetrieben. Ein Unternehmen sollte sinnvoll und nachhaltig wachsen und wachsen dürfen.

Besonders Jennifer Brandel hat sich mit diesem Thema intensiv beschäftigt und mit drei anderen Unternehmerinnen das Zebra-Movement gestartet. Die Gegenbewegung zum Start-up-Ideal “Unicorn”.

Jennifer Brandel gründete ein Unternehmen, das profitorientiert ist, aber einem Social Business gleicht. Von Anfang an hatte sie Probleme, Investments zu bekommen, weil sie nicht in die Unicorn-Sparte fiel. Sie fand andere Unternehmerinnen, die mit den gleichen Hürden zu kämpfen hatten, und gemeinsam schrieben sie den Artikel „Sex and Startups“, in dem sie schrieben: „Yes, we want to build businesses that succeed financially. But we also want so much more than that, and we aren’t alone. Most of the founders we know, many of whom happen to be women, are driven to build companies that generate money and meaning. And they’re in it for the long haul — not just to get their jollies, make their names, and exit.”

Für diesen Artikel erhielten die vier Frauen viel Zuspruch von anderen Gründer*innen, weshalb sie die Idee weiterentwickelten und das Zebra-Manifest verfassten.

Warum aber genau „Zebra”? Erstens: Anders als Einhörner gibt es sie wirklich. Zweitens: Zebra-Unternehmen sind nicht entweder oder, sie sind schwarz und weiß gleichzeitig – sie sind profitabel UND verbessern die Welt. Drittens: Zebras sind Herdentiere, sie bilden Gruppen und beschützen sich gegenseitig. Sie wissen, dass sie zusammen stärker sind als alleine. Und viertens: Zebra-Unternehmen werden mit unvergleichlicher Ausdauer ressourcenschonend aufgebaut.

Naomi Ryland, eine der beiden Autorinnen von Starting a Revolution, schreibt im Buch davon, dass sie nach dem Lesen des Zebra-Manifests das erste Mal so richtig aufatmen konnte. Und genauso gingt es mir auch. Es ist möglich, ein profitables, weltverbesserndes Unternehmen unter eigenen Bedingungen aufzubauen, und diese Kraft und Bestätigung schenken das Zebra-Manifest und das Buch “Starting a Revolution”.

Am Ende muss Wachstum Freude machen.

Also: Sich über das Wachstum im Klaren zu sein und zu verstehen, warum man wachsen will, ist Schritt Nummer Eins. Und wenn man für sich entschieden hat, dass man wachsen möchte weil das gut für das Unternehmen, für das Team, für die Welt ist, dann los! Aber auch nach dem ersten Schritt musst du dich nicht an Normen, Traditionen oder unausgesprochene Richtlinien der Unternehmenswelt halten. Geh deinen eigenen Weg und geh mit dem Wachstum, das am besten zu deinem Business und deinen Werten passt.

Das Schönste, was mir dieses Buch geschenkt hat, ist Hoffnung. Hoffnung, dass eine andere, bessere Wirtschaftswelt möglich ist, fern von Ausbeute, egogetriebenem Machtverhalten, Kapitalismus und Umweltzerstörung. Eine Welt, in der es möglich und auch weit verbreitet ist, ein profitables Business aufzubauen, das auch noch einen sozialen, ökonomischen oder ökologischen Mehrwert schaffen.

Also wenn du Ideale und Werte hast, die dir unglaublich wichtig sind, wenn du den Wunsch hast, die Welt nachhaltig zu verbessern, einen Unterschied machen möchtest und zu deinen eigenen Bedingungen erfolgreich sein willst, dann kann ich dir das Buch nur empfehlen.

Es schenkt Hoffnung, und zeigt dass wenn du eine idealistische Vorstellung von der Welt und deinem Unternehmen hast, dass du in keinster Weise naiv bist, sondern nur verstanden hast, dass das System kaputt ist und wir es ändern müssen, bevor es uns ändert.

Hier kannst du das Buch “Starting A Revolution” von Naomi Ryland und Lisa Jaspers bestellen.

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